Aktuelle Herausforderungen und Trends in der Mikroelektronik | Einführung in die Mikroelektronik – Teil 9

In den bisherigen acht Teilen unserer Reihe Einführung in die Mikroelektronik hat unser FMD-Experte Dr. Michael Töpper uns einen breiten Überblick über die Welt der Mikroelektronik gegeben. Eingestiegen sind wir mit der Frage, was der Begriff Mikroelektronik überhaupt umfasst (Teil zwei). Außerdem ging es um die Bedeutung von Silizium für die Branche (Teil drei), Moore’s Law (Teil vier) und die globale Halbleiterfirmen-Infrastruktur (Teil fünf). In Teil sechs und sieben hat Dr. Michael Töpper Einblicke in die Chipmontage und Chipkontaktierung gegeben, bevor es in Teil acht um wichtige Prozesse rund um das Wafer Bumping ging. Im neunten und letzten Teil der Videoreihe richtet unser FMD-Experte abschließend den Blick auf die Gegenwart und Zukunft der Mikroelektronik: Vor welchen Herausforderungen steht die Branche und welche Trends werden künftig die Forschung prägen?

Neben Sensoren und Aktuatoren (siehe Schwerpunkttext) sind Hochfrequenzanwendungen von großer Bedeutung für die Mikroelektronik. Sie kommen beispielsweise in Bodyscannern an Flughäfen zum Einsatz und ermöglichen das präzise Abbilden von Strukturen. Hinsichtlich der verwendeten Materialien zeichnet sich in manchen Bereichen ein Trend zur Verwendung von Wide-Bandgap Halbleitern ab, insbesondere Siliziumcarbid (SiC) und Galliumnitrid (GaN). Neben Vorteilen wie geringeren Verlusten bei Schaltreglern oder der Verarbeitung höherer Spannungen hat besonders Galliumnitrid großes Potenzial für die Kommunikation im Hochfrequenz- und unteren Millimeterwellenbereich, während Siliziumcarbid wichtig für die Solarbranche oder die Automobilindustrie ist.

Häufig diskutiert wird die Frage, wann die Grenzen elektrischer Verbindungen erreicht werden. Als Alternative werden daher zunehmend optische Verbindungen genutzt, wie beispielsweise Glasfaserkabel. Und auch das Thema Quantencomputing bleibt ein wichtiges Forschungsfeld (siehe auch FMD-QNC). Abschließend lässt sich festhalten: Es gibt nicht die eine Chiptechnologie. Jede Entwicklung hat ihren spezifischen Anwendungsbereich und es stellt sich vielmehr die Frage, wann welche Technologie benötigt wird.

©Fraunhofer Mikroelektronik

Zu den anderen Teilen der Videoreihe

Exkurs: Der »Elchtest« und das Elektronische Stabilitätsprogramm (ESP)

Am 21. Oktober 1997 erlebte der Autobauer Mercedes mit seiner damals neu auf den Markt gebrachten A-Klasse eine Katastrophe: Autotester:innen in Schweden verglichen damals verschiedene Automodelle miteinander, u. a. mithilfe des sogenannten »Kindertests« (später machte die Presse »Elchtest« daraus). Bei diesem Test wird geprüft, wie sich das Auto bei Ausweichmanövern verhält, indem Hütchen ausgewichen und so simuliert wird, wie es wäre, in einer Notsituation beispielsweise einem Kind ausweichen zu müssen. Die A-Klasse scheiterte an diesem Test. Das Auto schlingerte nach wenigen Lenkbewegungen und landete schließlich auf dem Dach – ein Desaster für Mercedes.

Aber wie hängt das mit Mikroelektronik zusammen? Der Autobauer reagierte u. a. damit, auch seine A-Klasse standardmäßig mit dem Elektronischen Stabilitätsprogramm (ESP) auszurüsten. Dieses System basiert auf einem Drehratensensor (Gyro), der aus Silizium hergestellt wird und die Drehung des Fahrzeugs um seine Hochachse misst. Daneben gibt es noch Drehzahlsensoren an den Rädern, die die Raddrehgeschwindigkeit messen sowie einen Lenkwinkelsensor, der den Lenkwunsch der Fahrenden registriert. Indem konstant die Daten dieser verschiedenen Sensoren abgeglichen werden, kann bei einem plötzlichen Ausweichmanöver eine Unter- oder Übersteuerung des Autos verhindert werden – das Auto bleibt auch bei abrupten Lenkbewegungen stabil. Solche Sensoren sind ein wichtiges Forschungsthema in der Mikroelektronik, sodass das ESP auch durch Entwicklungen in diesem Feld möglich wurde.