Nachhaltige Aufbau- und Verbindungstechnologien (AVT) | Green ICT Courses

In diesem Video gibt Ulf Oestermann, Mitarbeiter am Fraunhofer IZM, einen Einblick in die Gestaltung robuster Aufbau- und Verbindungstechnik unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten. Im Fokus stehen dabei drei zentrale Prozessschritte der Elektronikfertigung: Schablonendruck, Bestückung und Reflow-Löten, da hier besonders große Potenziale zur Steigerung der Nachhaltigkeit liegen. Die Darstellung erfolgt basierend auf einer Demonstrationslinie im Start-up-Center »Start-A-Factory«. Start-A-Factory bietet als offene Entwicklungsumgebung speziell Hardware-Start-ups, kleinen Unternehmen und Forschungsteams die Möglichkeit, innovative Elektroniklösungen schnell und flexibel vom Konzept bis zum Prototypen zu entwickeln. Die modulare Infrastruktur mit industrietauglichen Fertigungsanlagen ermöglicht es, Prozesse wie die AVT unter realitätsnahen Bedingungen zu erproben und gezielt auf Nachhaltigkeit hin zu optimieren.

Warum benötigen wir nachhaltige Prozesse in der AVT? 

Nachhaltigkeit in der Aufbau- und Verbindungstechnik wird zunehmend zur unternehmerischen Pflicht. Insbesondere im Umweltbereich verschärfen sich die gesetzlichen Anforderungen und spätestens ab 2026 treten neue Berichtspflichten in Kraft, die auch mittelständische und große Unternehmen erfassen werden. In Deutschland sind davon schätzungsweise 15.000 Unternehmen betroffen. Vor diesem Hintergrund zeigt das Video konkrete Ansätze für nachhaltigere Fertigungsprozesse auf.

Drei zentrale Prozessschritte der AVT und ihre Nachhaltigkeitspotenziale 

1. Der Schablonendruck

Als erster Schritt in der AVT-Prozesskette ist der Schablonendruck besonders kritisch, da hier ca. 60 % der Fehler in der AVT passieren. Bei diesem Verfahren wird über eine Schablone Lotpaste präzise auf die Leiterplatte aufgetragen – genau an den Stellen, an denen später die elektrischen Verbindungen entstehen sollen. Die Lotpaste besteht aus Metallpulvern und enthält Zuschlagstoffe wie Flussmittel oder Thixotropiemittel. Diese Stoffe bringen ökologische Herausforderungen mit sich.
Auch die Herstellung und Inbetriebnahme der Druckmaschinen verursachen durch ihre Antriebe, Druckluft- oder Stromverbrauch einen erheblichen Energieeinsatz. Eine nachhaltigere Gestaltung dieses Prozessschritts könnte unter anderem durch den Einsatz energieeffizienter Piezomotoren erfolgen, die weniger Energie benötigen und damit potenziell den CO₂-Fußabdruck der Produktion verringern.

2. Die Bestückung

Im Bestückungsprozess entstehen die größten Materialverluste durch verworfene Bauteile. Zur nachhaltigeren Gestaltung dieses Prozesses kommt der sorgfältigen Auswahl geeigneter Pipetten zur Bauteilaufnahme sowie einer robusten, präzisen Konstruktion der Bestückungsautomaten eine zentrale Rolle zu. Zusätzlich zum Materialeinsatz rückt der Energieverbrauch bei diesem Prozessschritt in den Fokus. Strom, Wasser, Druckluft sowie die Nachbearbeitung von Metallteilen beeinflussen den Gesamtenergiebedarf maßgeblich.   Unternehmen, die eine nachhaltige AVT anstreben, sollten sich daher bereits bei der Anschaffung neuer Maschinen intensiv mit deren Verbrauchswerten auseinandersetzen. Entscheidende Kriterien sind dabei nicht nur die Energieeffizienz, sondern auch die Lebensdauer von Komponenten, der Reinigungsaufwand im laufenden Betrieb und die Wartungsanforderungen gemäß Herstellervorgaben.

3. Reflow/Umschmelzen

Der letzte Schritt in der AVT-Prozesskette ist das Reflow-Löten, bei dem die zuvor aufgetragene Lotpaste durch gezielte Wärmezufuhr geschmolzen wird, um eine dauerhafte Verbindung zwischen Bauteilen und Leiterplatte herzustellen. Meist kommt bei diesem Prozessschritt das Dampfphasenlöten zum Einsatz. Hierbei wird die bestückte Baugruppe in etwa 240 °C heißen Dampf getaucht. Der Dampf kondensiert an den Oberflächen der Lötstellen und überträgt dabei die Energie auf den Schmelzprozess. Typischerweise kommt eine Lötpaste auf Zinn-Silber-Kupfer-Basis (SAC) zum Einsatz.
Ein wesentlicher Hebel zur Reduzierung des Energieverbrauchs in der AVT liegt in der präzisen Ausgestaltung des Temperaturprofils in diesem Prozessschritt. Zudem sollte der Einsatz von Stickstoff zur Vermeidung von Oxidation kritisch überprüft werden.

Mehr Informationen finden Sie im Video.

Für eine noch umfassendere Einführung in nachhaltige AVT-Prozesse ist außerdem der Green ICT-Kurs »Robuste Prozesse der AVT unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten« zu empfehlen.

©Fraunhofer IZM

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