Ökobilanz – Bestimmung der Die-Fläche | Green ICT Courses
Teil drei der Videoreihe zu wichtigen Prozessen und Begriffen bei der Bewertung grüner IKT-Systeme schließt nahtlos an Teil zwei an. Darin wurde deutlich, dass sich von Produkt zu Produkt unterscheidet, wieviel sich welche Lebensphase auf die Ökobilanz des Produktes auswirkt. Bei einem Smartphone beispielsweise ist es vor allem die Herstellungsphase, die die Ökobilanz am Ende beeinflusst. In diesem Teil erklärt Mathilde Billaud, Research Fellow am CEA-Leti, anhand eines in einem Smartphone verbauten Chips, warum Halbleiter so wichtig sind für die Ökobilanz von elektronischen Produkten und welche Analysemöglichkeiten es gibt.
Die-Fläche und ihre Auswirkungen auf die Ökobilanz
In der Herstellungsphase eines Smartphones sind es vor allem die Integrierten Schaltkreise (IC), die hauptverantwortlich für die CO²-Emissionen im Lebenszyklus des Produktes sind. Daher muss die Analyse dieser Phase besonders präzise sein, denn dort lassen sich die meisten Ansatzpunkte für das Produktdesign finden, um das Gerät ökologisch nachhaltiger zu gestalten. Bei den meisten Komponenten wird das Gewicht als Grundlage für die Berechnung verwendet, während Datensätze für die Chipherstellung in der Regel die Fläche des Die im Inneren des Packages nutzen. Das liegt daran, dass diese Dies auf einem Wafer prozessiert werden und es sich dabei um einen sehr energieintensiven Herstellungsschritt handelt. Im Falle der Dies korreliert ihre Fläche im Package also zuverlässiger mit den Umweltauswirkungen als das Gewicht.
Die = ungehäustes Stück eines Halbleiter-Wafers, auf dem Funktionsteile aufgebaut sind, z. B. Transistoren
Dies werden gewonnen, indem sie durch Trennschleifen mit einem Diamantsägeblatt aus einem Wafer herausgetrennt werden (»Wafer dicing«).
In unserer anderen Videoreihe »Einführung in die Mikroelektronik« erklärt FMD-Experte Dr. Michael Töpper Schritt für Schritt, wie aus einem Wafer ein Chip hergestellt wird. Besonders in Teil sechs wird der Prozess des Wafer dicing genau beschrieben.
Um Daten für die Ökobilanz zu sammeln, hilft ein Blick in die Bill of Materials (BOM), die z. B. Informationen über die Art des Chips oder des Packages enthalten kann. Darin werden aber keine Informationen über die Die-Fläche im Package aufgeführt, das Innere des Chips ist daher eine »Blackbox«. Dementsprechend bedarf es Analysemethoden, um den Einfluss der Die-Fläche auf die Ökobilanz zu berechnen.
Verschiedene Methoden zur Bewertung der Die-Fläche
Zur Bewertung der Die-Fläche kommen verschiedene Analysemethoden in Frage: (1) Röntgenanalyse, (2) Destruktive Analyse/mechanische Entkappung und (3) Annahmen aus der Literatur.
Die Röntgenanalyse hat den Vorteil, dass die Prüfung zerstörungsfrei (ZfP) ist, der Chip also im Prozess nicht beschädigt werden muss. Allerdings liefert diese Analyse nicht so genaue Angaben wie die destruktive Analyse, bei der der Chip geöffnet (entkappt) und zerstört wird, um die Die-Fläche genau zu vermessen. Auf diese Weise lässt sich das Verhältnis von Die zu Package (DPR) relativ genau bestimmen. Wird mit Schätzungen aus der Literatur gearbeitet, können die Ergebnisse deutlich von der Realität abweichen. Dadurch werden Umweltauswirkungen deutlich unterschätzt, z. B. hinsichtlich des Global Warming Potentials (GWP). Begründet liegt das u. a. darin, dass bisherige Literaturannahmen weder Multi-Die-Packages noch den Fan-out-Trend berücksichtigen. Die aktuellen Datensätze sind zu vereinfachend und allgemein und werden der Vielfalt und Trends bei den Technologien nicht gerecht.
Im Video erläutert Mathilde Billaud anhand eines konkreten Beispiels, wie sich die verschiedenen Analysemethoden auf die Ökobilanz eines Smartphones auswirken.
Sie möchten noch mehr zum Thema ressourceneffiziente Elektronik wissen?
Dann werfen Sie doch einmal einen Blick in die dritte Ausgabe unserer Magazins FMD.impuls.