#Chip Happens-Podcast: Folge 4 | Klima- & Naturkatastrophen – schnelle, smarte Hilfe dank KI

Große Probleme brauchen hĂ€ufig ziemlich kleine Helfer. Der Podcast »Chip Happens – Kleine Dinge, die alles verĂ€ndern« von Chipdesign Germany zeigt, wie Mikroelektronik und Chipdesign dabei helfen können, die drĂ€ngenden Fragen unserer Zeit anzugehen –jederzeit nachvollziehbar und alltagsnah.
Das Format richtet sich an alle, die verstehen wollen, wie Technik im Hintergrund wirkt und dennoch zentrale Weichen stellt. Kluge Köpfe aus der Branche sprechen hierfĂŒr mit Moderator Sven Oswald ĂŒber ihre faszinierenden Geschichten, geben ĂŒberraschende Einblicke und zeigen hautnah die vielen Möglichkeiten, die unser Fachbereich bietet.

In der ersten Staffel »Klimacooldown« erfahren Sie, wie Mikroelektronik uns im Kampf gegen den Klimawandel unterstĂŒtzt. HierfĂŒr starten wir ganz weit oben, mit einem Blick auf unseren Planeten aus dem Weltall, um anschließend noch mehr ĂŒber Klima und Wetter, Daten und Rechenzentren oder MobilitĂ€t und Klimaschutz zuhause zu erfahren. Wir freuen uns sehr, dieses besondere Projekt als Partner zu begleiten.

Was können Mikroelektronik und KI in KatastrophenfÀllen besonders gut? Genau: schnell und smart helfen!

In dieser Folge erfahren Sie, wie in Klima- und Naturkatastrophen modernste Technologie eingesetzt wird, um Leben zu retten und SchÀden zu minimieren.

Dr. Monique Kuglitsch, Innovationsmanagerin am Fraunhofer HHI, nimmt uns mit auf eine globale Reise, um zu verstehen, wie KI-Lösungen im Katastrophenschutz zusammenarbeiten können und warum einheitliche Methoden so wichtig sind.

Wir erfahren, dass es nicht nur um Vorhersage geht, sondern auch um das Verfolgen und datengestĂŒtzte Entscheidungen wĂ€hrend und nach einer Katastrophe.

Arne Schwarze vom Fraunhofer FKIE berichtet von den dramatischen Ereignissen im Ahrtal 2021 und wie daraus die Idee fĂŒr das lokale Krisenmanagementsystem LOKIK entstand.

💡 Funfact: Wussten Sie, dass Smartphones und Raspberry Pis in Katastrophengebieten eine entscheidende Rolle spielen können und was ein autarkes WLAN-Mesh-Netzwerk ist?

 

Worum geht es in der Folge?

Gast zum Thema Vorhersagen mit Hilfe von KI: Dr. Monique Kuglitsch vom Fraunhofer HHI

Situation:

Naturkatastrophen fordern jedes Jahr zahlreiche Menschenleben. Allein im Jahr 2024 starben weltweit rund 11.000 Menschen infolge solcher Ereignisse, die geschÀtzten SchÀden beliefen sich auf fast 320 Milliarden Dollar.

Die zentrale Herausforderung: Wie lassen sich kĂŒnftig mehr Leben retten und SchĂ€den frĂŒhzeitig vermeiden?

Problemstellung:

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf der ganzen Welt arbeiten daran, mit neuen Technologien die Resilienz gegenĂŒber Naturkatastrophen zu erhöhen. Dr. Monique Kuglitsch ist Innovationsmanagerin am Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut (HHI) und leitet die »Globale Initiative zur Resilienz gegenĂŒber Naturkatastrophen durch KI-Lösungen«, an der fĂŒnf UN-Organisationen beteiligt sind.

Ziel ist es, Katastrophen vorherzusagen, ihren Verlauf zu verfolgen und datenbasierte Entscheidungen zur Reaktion zu treffen.

Lösungsansatz:

Im Zentrum der Forschungsarbeit steht der Einsatz von KĂŒnstlicher Intelligenz (KI) zur Verbesserung von Katastrophenvorhersagen. Dabei gibt es zwei zentrale AnsĂ€tze:

  • Downscaling, also die Verkleinerung der Betrachtungsebene, um lokale Muster besser zu erfassen.
  • Kompletter Austausch traditioneller Modelle durch KI-basierte Vorhersagemethoden

Diese neuen Modelle sind nicht nur Ă€hnlich prĂ€zise, sondern auch deutlich effizienter als klassische Wetteralgorithmen. Sie analysieren weltweite und lokale Daten, um kaum erkennbare Muster zu identifizieren – und das schneller als bisherige Systeme.

KI kann jedoch nicht nur bei der Vorhersage helfen. Auch in der Akutphase von Katastrophen zeigt sie ihr Potenzial: Durch das Auswerten von Social-Media-Posts und Pressemeldungen lassen sich in Echtzeit Informationen darĂŒber gewinnen, wo Hilfe gebraucht wird und welche Straßen noch passierbar sind.

Weiterer Forschungs-/Entwicklungsbedarf / Aktuelle Projekte:

Mikroelektronik spielt in unterschiedlichsten Bereichen der KatastrophenprÀvention eine wichtige Rolle (auch neben dem Einsatz von KI):

  • Das Start-up Dryad Networks setzt etwa Bosch-Sensoren ein, um bei WaldbrĂ€nden entstehendes Kohlenmonoxid und andere Gase frĂŒhzeitig zu erkennen.
  • Das Spin-off Quakesaver des Geoforschungszentrums in Potsdam nutzt Beschleunigungssensoren in Smartphones, um Erdbeben automatisch zu registrieren.

Diese Beispiele zeigen wieder einmal, wie vielfÀltig die Einsatzgebiete der Mikroelektronik sind.

Gast zum Thema akute Katastrophenhilfe: Arne Schwarze vom Fraunhofer FKIE

Situation:

Die Flutkatastrophe im Ahrtal war ein Weckruf. Das Ausmaß wurde vielen Menschen – auch den Mitarbeitenden des nahegelegenen Fraunhofer-Instituts fĂŒr Kommunikation, Informationsverarbeitung und Ergonomie FKIE – erst am Morgen danach klar. Die Region war digital abgehĂ€ngt, Helfende improvisierten mit handschriftlichen Listen. Es fehlte an strukturierter Information und Kommunikation.

Die Frage: Wie kann man in solchen Katastrophenlagen so gut wie möglich mit smarten Technologien und Anwendungen unterstĂŒtzen?

Problemstellung:

Nach ihrer Beteiligung an der Soforthilfe setzte sich ein interdisziplinĂ€res Team des Fraunhofer FKIE zusammen, um systematisch zu ĂŒberlegen, wie sich Katastrophenhilfe besser koordinieren lĂ€sst – gerade in Regionen, die von der Infrastruktur abgeschnitten sind.

Das Ziel war klar: ein digitales System, das Lagebilder schnell erfasst, Informationen verteilt und Hilfe organisiert.

Lösungsansatz:

Entstanden ist LOKIK – das »Lagebild in der Akutphase der Katastrophe«, ein initiales Krisenmanagementsystem mit vielfĂ€ltigen Funktionen:

  • Gefahrenbereiche markieren
  • Hilfsangebote erkennen
  • Probleme oder Bedarfe selbst melden

Und das auch ohne bestehendes Mobilfunknetz:
LOKIK nutzt ein Mesh-WLAN-Netzwerk, bei dem sich WLAN-Router zu einem stabilen Netz verbinden. ErgÀnzt wird dieses Netz durch spezielle Kunststoffkoffer, in denen sich Computer und WLAN-Hotspots befinden. In Kombination mit den Smartphones der Bevölkerung kann so ein ganzes Krisengebiet vernetzt werden.

Weiterer Forschungs-/Entwicklungsbedarf / Aktuelle Projekte:

Die Entwicklung ist aber noch nicht abgeschlossen:

LOKIK soll kĂŒnftig auch Drohnenbilder einbinden können, um die Lage noch prĂ€ziser zu erfassen.

Auch der Einsatz auf Großveranstaltungen ist geplant – etwa, um gefĂ€hrliche Menschenansammlungen frĂŒhzeitig zu erkennen.

Der nĂ€chste Schritt: Damit LOKIK breit eingesetzt werden kann, sucht das Fraunhofer FKIE derzeit Kooperationspartner fĂŒr eine Serienproduktion.

Zur Folge 4 – Klimakatastrophen und Starkwetter (Spotify):


In der kommenden Folge 5 freuen wir uns schon auf das Thema »Von Energiewende bis Net-Zero: Leben ohne CO₂-AusstoĂŸÂ«.

HierfĂŒr spricht Sven Oswald mit Dr. Tim Schulze, einem gelernten Physiker und »Referenten im Bundeswirtschaftsministerium«, darĂŒber, in welchen Bereichen Deutschland bei den Klimazielen schon gut vorangekommen ist und wo es noch einiges zu tun gibt.

Der zweite Gast ist Dr. Thomas Ramge, »Associated Researcher beim Einstein Center Digital Future«. Er spricht ĂŒber konkrete LösungsansĂ€tze und Bereiche in denen wir uns technologischen dringend weiterentwickeln sollten, um die Klimaziele zu erreichen.

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