Mikrochip | Wettbewerbsfaktor und industrielles Kernelement
Vom Auto über das Handy bis zur elektrischen Zahnbürste – Mikrochips durchdringen unser Leben und das häufig ohne, dass wir uns dessen bewusst sind.
Doch was macht Mikrochips tatsächlich aus und wo führt der Weg in der nächsten Zeit hin?
In einer mehrteiligen Bildreihe am Ende dieser Seite geben wir einen kurzen Blick auf ausgewählte Bereiche der Chip-Herstellung und tauchen so aus verschiedenen Perspektiven tiefer in das Thema ein.
Key Takeaways des Artikels |
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Situation: |
Mikrochips übernehmen durch ihre Funktion als zentraler Enabler eine wichtige Rolle für die dauerhafte Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und Europas. Gerade deswegen ist es von großer Bedeutung, dass gezielte Investitionen in die Chiptechnologien getätigt werden, um so die technologische Souveränität und Chip-Zugänglichkeit dauerhaft zu steigern. |
Problemstellung: |
Chip ist nicht gleich Chip, in diesem Artikel klären wir einige zentrale Begrifflichkeiten und möchten so zum allgemeinen Verständnis des Themas beitragen. |
Wichtige Entwicklungen und Trends: |
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Weiterer Forschungs-/Entwicklungsbedarf (aus der FMD): |
Insbesondere im Bereich der Ressourceneffizienz und Umweltauswirkungen von Mikrochips besteht Forschungsbedarf. Gleichzeitig gibt es viele Innovationspotenziale. Die FMD hat bereits das standortübergreifende Kompetenzzentrum »Green ICT @ FMD« ins Leben gerufen. In diesem Rahmen werden ressourcenbewusste und ökologisch nachhaltige Lösungen für grüne IKT erforscht und Unternehmen bei der Produktion ökologisch nachhaltiger Produkte unterstützt.
Auch für den Bereich Quanten- und neuromorphes Computing gibt es innerhalb der FMD ein eigenes Projekt: Im Projekt »Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland – Module Quanten- und neuromorphes Computing (FMD-QNC)« geht es darum, die mikroelektronische Forschung und Entwicklung in diesem Themenkomplex zu bündeln und auszubauen.
Ebenso hat der Bereich Chip-Design große Bedeutung für die Halbleiter von morgen, hierfür engagiert sich das Netzwerk Chip Design Germany, indem die FMD an verschiedenen Stellen beteiligt ist. |
Deutschlands und Europas Rolle im globalen Halbleiterökosystem
Die jüngste Vergangenheit hat deutlich gemacht, wie dringend Deutschland und Europa an einer stärkeren Unabhängigkeit und Resilienz im Bereich kritischer Halbleitertechnologien arbeiten müssen. Eine Studie des Verbands Bitkom aus dem Jahr 2022 (zur Studie) macht deutlich, welche wirtschaftlichen Folgen Versorgungsprobleme haben können: Ganze 9 von 10 Unternehmen gaben an, auf Halbleiter angewiesen zu sein – die benötigten Bauteile reichen von diskreten Halbleitern über Sensoren und Mikroprozessoren bzw. Speicherchips bis zu Bildsensoren und Lasern.
Die wichtigsten Chip-Produzenten sind bislang Taiwan, China und Südkorea. Es besteht also großer Handlungsbedarf für Deutschland und Europa, die eigene Position zu stärken und sich so unabhängiger zu machen. Die Europäische Union hat die Notwendigkeit zum Handeln erkannt und 2023 das Gesetz für den European Chips Act verabschiedet. Zentrales Anliegen: Die europäische Wettbewerbsfähigkeit und Resilienz bezogen auf Halbleitertechnologien und -anwendungen stärken und Europas technologische Fähigkeiten ausbauen.
Mikrochips sind ein zentraler industrieller und wirtschaftlicher Faktor im internationalen Wettbewerb und spielen eine wichtige Rolle für die technologische Souveränität Deutschlands und Europas. Ihre Einsatzgebiete sind vielfältig: Entwicklung autonomer Fahrzeuge, Innovationen im Bereich Quantencomputing, Voranbringen Künstlicher Intelligenz, 5G- und 6G-Anwendungen oder Erhöhung von Datenkapazitäten – für all diese Bereiche sind Mikrochips essenziell.
Natürlich gibt es auch Herausforderungen, die den Ausbau und die Entwicklung von Halbleitertechnologien und Mikrochips in Deutschland und Europa erschweren, beispielsweise der Fachkräftemangel. Die kommenden Jahre werden von Halbleitern und Mikrochips geprägt werden – Zeit also, einen genauen Blick auf diese Technologien zu werfen.
An dieser Stelle möchten wir einige Schlüsselstellen im Bereich Mikrochip näher beleuchten:
IC = Integrated Circuits
Mikrochips bestehen aus integrierten Schaltkreisen (IC) mit Millionen kleinsten Transistoren, Widerständen und Kondensatoren. Diese IC werden durch Hinzufügen und Entfernen von Material und aufwendige Lithografie-Prozesse auf Wafer aus Silizium, Siliziumcarbid, Galliumnitrid oder andere geeignete Materialien aufgebracht. Wir werfen einen Blick darauf, wie genau Mikrochips produziert werden und wie sich beispielsweise die Zahl der Transistoren auf einem Chip vervielfacht hat. Mehr Informationen dazu gibt es zum Beispiel in Teil 4 unserer Videoreihe Einführung in die Mikroelektronik.
Bedeutung von Chip-Größen
Außerdem widmen wir uns der Größe der IC, die sich in den letzten Jahrzehnten rasant entwickelt hat. IC sind immer kleiner geworden, was dazu führt, dass sie schneller elektrische Signale übertragen können, energieeffizienter sind und mehr Chips auf einen Wafer aufgebracht werden können. Gleichzeitig hat dies einen höheren Produktionsaufwand zur Folge. Eines bereits vorweg: Kleinere Chips sind nicht zwangsläufig besser als größere – es kommt immer auf ihr Einsatzgebiet an und welche Anforderungen sie erfüllen müssen. Ein Chip, der in der Automobilindustrie verbaut wird, ist in der Regel größer als ein Chip, der für Smartphones gebraucht wird. Je kleiner der Chip, desto teurer ist im Normalfall aufgrund verschiedener Parameter seine Herstellung, sodass sich besonders kleine und leistungsfähige Chips häufig nur bei sehr hohen Stückzahlen mit größtem Leistungsbedarf, wie teilweise im Consumer-Bereich (z. B. bei Smartphones oder Spielkonsolen), lohnt. In vielen Anwendungsbereichen sind auch größere Strukturgrößen sehr gut einsatzbar, hier wird nicht zwangsläufig die höchste Rechengeschwindigkeit gebraucht; kostengünstige, weit ausgereifte und robuste Lösungen sind für viele Einsatzbereiche deshalb die ideale Wahl. Mehr zur Größe von Chips auch in Teil 5 unserer Reihe Einführung in die Mikroelektronik.
Strukturgrößen und weitere Miniaturisierung
Wir beschäftigen uns auch mit dem fortlaufenden Trend der Miniaturisierung (mehr dazu erfahren Sie in unserer Videoreihe zur Einführung in die Mikroelektronik) und fragen, welche Rolle Nanometer-Angaben in diesem Zusammenhang spielen. Miniaturisierung zeigt sich z. B. daran, dass Prozessoren immer kleiner geworden sind, dafür aber die Anzahl der Transistoren und die Taktrate zugenommen haben. Im Zuge dessen haben Angaben über die Strukturbreite der Chips an Wichtigkeit verloren. Bis in die 1990er Jahre bezog sich der Begriff Strukturbreite noch auf die tatsächlich gemessene Länge von Chip-Strukturen. Heute werden Begriffe wie »3-nm-Chip« vor allem zu Marketingzwecken eingesetzt und sagen wenig über die konkrete Technik aus.
Darum ist die Bandlücke so wichtig
Neben der Auseinandersetzung mit dem Begriff Miniaturisierung wird auch die Frage nach der Rolle der Bandlücke beantwortet. Die Bandlücke gibt an, wie effektiv die elektrische Leitfähigkeit ist. Dabei gilt: Je höher der Wert, desto besser sind Leitfähigkeit, (Energie-)Effizienz und Miniaturisierbarkeit. Auch auf diesem Gebiet kristallisieren sich neue Zukunftstechnologien heraus: So versprechen beispielsweise Galliumnitrid (GaN) und Siliziumcarbid (SiC) mehr Leistungsfähigkeit und (Energie-)Effizienz als Silizium, da ihre Bandlücke im Vergleich ca. dreimal so breit ist. Eine größere Bandlücke ermöglicht zudem den Betrieb bei höheren Frequenzen – das führt zu schnelleren Schaltgeschwindigkeiten und leistungsfähigeren elektronischen Geräten. Einige der Institute der FMD sind auf diese sogenannten Wide-Bandgap-Materialien (WBG) spezialisiert und erforschen die Möglichkeiten neuer Materialkombinationen auf ihrem Weg in den industriellen Maßstab. Diese neueren Materialien haben z .B. in Bereichen wie der Leistungselektronik absolutes Gamechanger-Potenzial und sind somit u. a. im Automotive-Bereich immer gefragter.
Warum dauert die Chip-Herstellung eigentlich so lange?
Warum dauert das Fertigen eines Mikrochips bis zu 20 Wochen? Auch dieser Frage gehen wir nach. Hier sei bereits gesagt: Der Halbleiterherstellungsprozess ist sehr komplex und kann mitunter bis zu 1.200 Schritte benötigen (z. B. CMOS-Prozess). Es geht los mit der Waferbearbeitung. Darauf folgt die Lithografie, bei der Siliziumwafer mit Strahlung belichtet und so Muster in die Oberflächen »gedruckt« werden. Darauf folgen Ionen-Implantation und Testung, bevor die Chips durch das sogenannte »Wafer dicing« aus dem Wafer herausgetrennt (singularisiert) werden. Im letzten Schritt erfolgt das Stacking und Packaging – die Chips werden dabei mit einem Substrat verbunden. In der Halbleiterproduktion gibt es eine starke regionale Konzentration auf Europa, Asien (insbesondere Taiwan, Japan und Südkorea) und die USA, häufig mit spezifischen Spezialisierungen. Wer mehr wissen möchte zum globalen Halbleiterökosystem, findet hier mehr Informationen.
Wie sieht es mit Umweltauswirkungen aus?
Schließlich betrachten wir die Umweltauswirkungen der Chipfertigung. Denn das Fertigen von Mikrochips erfordert große Mengen von Wasser und Strom. Es gilt die Regel: Je kleiner die Strukturgröße des Chips ist, desto höher ist der Strombedarf bei der Fertigung pro Wafer. Auch der Wasserverbrauch ist hoch: Er kann in einer Halbleiterfabrik ca. 99 Millionen Liter Wasser pro Tag betragen. Gleichzeitig bietet die Mikrochipherstellung großes Potenzial für nachhaltige Innovationen. Um solche Innovationen zu erforschen und zu entwickeln, hat die FMD das Kompetenzzentrum »Green ICT @ FMD« ins Leben gerufen. In diesem Kompetenzzentrum arbeiten Expert:innen aller in der FMD kooperierender Institute daran, negative Auswirkungen der Digitalisierung auf die Umwelt möglichst zu minimieren, und unterstützen Unternehmen dabei, ihre Produkte ökologisch nachhaltig zu gestalten.