Green ICT @ FMD | CO₂-Fußabdruck von IKT verringern

Projektstart: 08.2022
Förderung: BMFTR (vormals BMBF)
Projektpartner: 15

Die Digitalisierung durchdringt im Eiltempo unsere Alltags- und Arbeitswelt – ein Trend, der absehbar nicht nachlassen wird. Dabei kann sie einerseits in vielen Bereichen durch eine intelligente Steuerung von Geräten, Anlagen, Prozessen und Netzen einen erheblichen Beitrag zur Energieeinsparung und damit zur Reduktion von CO₂-Emissionen leisten. Andererseits wird mit fortschreitender Verbreitung von Sensorik, Elektronik und Künstlicher Intelligenz (KI) der Energieverbrauch durch IKT selbst zunehmen. Entsprechend hat sich die Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland dazu bereit erklärt, durch die Entwicklung eines Kompetenzzentrums für grüne IKT die negativen Auswirkungen der Digitalisierung auf die Umwelt möglichst zu minimieren und deutsche Unternehmen dabei zu unterstützen, ihre Produkte ökologisch nachhaltig zu denken und umzusetzen.

Um den Ressourcenverbrauch im Internet der Dinge (IoT), in Anwendungen der KI sowie in Rechenzentren zu reduzieren, sind erhebliche Fortschritte in der Mikro- und Leistungselektronik, vor allem auch in deren Herstellungsprozessen, nötig.

Deswegen bauen alle 13 in der Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland kooperierenden Fraunhofer- und Leibniz-Institute sowie das Fraunhofer ISI ein standortübergreifendes Kompetenzzentrum »Green ICT @ FMD« für eine ressourcenbewusste Informations- und Kommunikationstechnik auf.

Aufbauend auf den mit der FMD geschaffenen Angeboten, Strukturen und dem verfügbaren Knowhow und der wissenschaftlichen Expertise lässt sich das geplante Kompetenzzentrum zielgerichtet und effizient umsetzen. Die anwendungsorientierte Forschung im Bereich der Mikroelektronik soll unter dem Label »Green ICT @ FMD« bis Anfang 2026 schrittweise und industrieorientiert in Bezug auf Ressourcenschonung und eine deutliche Reduktion des CO₂-Fußabdrucks in der Weiterentwicklung von IKT-Anwendungen und -Infrastrukturen in Deutschland und Europa ausgebaut werden.

©Fraunhofer Mikroelektronik

Das Kompetenzzentrum bietet erhebliche Vorteile:

  • Green-ICT-spezifische Kundenfragen können zielgerichtet an die jeweiligen Expert:innen aus der FMD weitergeleitet werden, um so eine möglichst schnelle Bearbeitung und Lösungsfindung zu gewährleisten.
  • Partner in Wirtschaft und Wissenschaft erhalten aus einer Hand ein Angebot technologieübergreifender IKT-Gesamtlösungen mit einem hohen technischen Reifegrad.
  • Die FMD schafft mit ihrem großen Partnernetzwerk die Möglichkeit, eine umfassende systemische Betrachtung und Weiterentwicklung von Green-ICT-Fragestellungen vorzunehmen und dabei, durch die Technologiekompetenzen der beteiligten Institute, die erforderliche fachliche Tiefe bei der Gesamtsystembetrachtung herzustellen.

»Nachhaltigkeit in der Digitalisierung ist ein wichtiger Baustein zur Erreichung der Klimaschutzziele. Dabei setzen wir schon bei der Elektronik für Informations- und Kommunikationstechnik an. Mit dem Kompetenzzentrum Green ICT @ FMD schaffen wir eine zentrale Anlaufstelle für nachhaltige Elektronik. Das Kompetenzzentrum bei der Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland ist Herzstück unserer Initiative Green ICT. Wir stärken damit nicht nur den Klimaschutz, sondern auch unsere Wettbewerbsfähigkeit.«

Bettina Stark-Watzinger, Bundesministerin für Bildung und Forschung

Anwendungs- & systemorientierte Hubs als Ergänzung existierender Forschungsaktivitäten

Eine zentrale Aufgabe des Kompetenzzentrums ist es, die vielfältigen Forschungsaktivitäten und das bereits vorhandene Know-how im Bereich Green ICT in Deutschland zusammenzuführen, bedarfsgerecht weiterzuentwickeln und für die Industrie nutzbar zu machen. An verschiedenen Standorten werden dafür anwendungs- und systemorientierte Green-ICT-Hubs als Ergänzung bereits existierender Forschungsaktivitäten der in der FMD kooperierenden Institute und als Grundlage für weitere FuE-Arbeiten eröffnet.

In diesen Hubs werden sämtliche Kompetenzen der FMD-Institute zu den zentralen Fragestellungen grüner IKT-Anwendungen konzentriert. Sie sind für Projektpartner aus Industrie und Wissenschaft die erste Anlaufstelle und stellen so ein besonders niederschwelliges Angebot zur Verfügung.

Die Green-ICT-Hubs sind die entscheidenden Schnittstellen zu den thematisch gebündelten Technologiekompetenzen sowie Test- und Prüfumgebungen.

Umgesetzt werden die Green-ICT-Hubs zu drei thematischen Schwerpunkten, die eine besonders hohe Relevanz für industrielle Partner in Deutschland und Europa haben:

  • Sensor-Edge-Cloud-Systeme
  • Energiesparende Kommunikationsinfrastrukturen
  • Ressourcenoptimierte Elektronik-Produktion
©Adobe Stock | Studio-FI

Fachkräfte sichern, Nachwuchs gewinnen und Start-ups unterstützen

Die Arbeit des Kompetenzzentrums beschränkt sich nicht nur auf die technologische Seite, sondern versucht, einen Paradigmenwechsel anzustoßen. Dieser beinhaltet die frühzeitige Sensibilisierung von Studierenden für dieses relevante Thema, die Aus- und Weiterbildung bereits im Berufsleben stehender Fachkräfte sowie die besonderen Anforderungen in der Zusammenarbeit mit Start-ups.

Neben den Forschungsaktivitäten in den Green-ICT-Hubs werden im Kompetenzzentrum folgende begleitende Maßnahmen umgesetzt:

  • Die Green ICT Camps begeistern, sensibilisieren und vernetzen den studentischen Nachwuchs im Bereich ökologisch nachhaltiger und sicherer Mikroelektronik. Sie inspirieren Studierende, sich intensiv mit ökologisch nachhaltiger Mikroelektronik der Zukunft auseinanderzusetzen und die weitere Umsetzung in Industrie und Wissenschaft aus einem ganzheitlichen Ansatz heraus mitzugestalten.
  • Die Weiterbildungsangebote für Fachkräfte unterstützen die vertiefte fachliche Ausbildung für in Wissenschaft und Industrie dringend benötigte Expertinnen und Experten.
  • Wir fördern die frühzeitige Motivation von Start-ups für eine ressourcenschonende Produktentwicklung einschließlich der Erarbeitung geeigneter Entwicklungspfade. Start-ups werden bei der Gewinnung von Investoren unterstützt, damit sie mit Hilfe der FMD-Technologien ihre Ideen in funktionsfähige Prototypen oder Demonstratoren überführen können.

Green ICT @ FMD auf einen Blick

Projektstart

August 2022

Projektpartner

Beteiligt sind 15 Projektpartner: Geschäftsstelle der FMD (Verbundkoordinator), Fraunhofer EMFT, Fraunhofer ENAS, Ferdinand-Braun-Institut Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik (FBH), Fraunhofer FHR, Fraunhofer HHI, Fraunhofer IAF, Leibniz-Institut für innovative Mikroelektronik IHP, Fraunhofer IIS, Fraunhofer IISB, Fraunhofer IMS, Fraunhofer IPMS, Fraunhofer ISI, Fraunhofer ISIT, Fraunhofer IZM

Projektziele

Ziel ist es, mit Forschung und Entwicklung vor allem im Bereich der Mikroelektronik einen Beitrag zur Erreichung der Klima- und Energieziele zu leisten und mit ökologisch nachhaltiger, ressourcenschonender Elektronik den CO₂-Fußabdruck zu verringern.

Hubs

Die anwendungs- und systemorientierten Hubs werden ergänzend zu den bisherigen FMD-Aktivitäten aufgebaut und dienen als Grundlage für weitere Forschungsaktivitäten und als Anlaufstelle für zentrale Fragestellungen grüner IKT-Anwendungen.

Die thematischen Schwerpunkte der Hubs sind:

  • Sensor-Edge-Cloud Systeme
  • Energiesparende Kommunikationsinfrastrukturen
  • Ressourcenoptimierte Elektronik-Produktion

Weiterführende

Maßnahmen

  • Green ICT Camps
  • Green ICT Weiterbildungs- und Qualifizierungsprogramm
  • Green ICT Space für Start-ups

Förderung

Dieses Vorhaben wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Forschung, Technologie und Raumfahrt BMFTR (vormals BMBF) gefördert.

Green ICT-FAQ

Was ist grüne IKT?

Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) bezeichnet Technik, die zum Erheben, Speichern, Übertragen und Weiterverarbeiten von Daten und Informationen genutzt wird. Zu dieser Technik gehören unter anderem Notebooks, Smartphones, Tablets, Fernseher, aber auch Netzwerke.

Was gehört zu IKT?

  • Internet: Das Internet ist die Grundlage für viele andere IKT-Technologien und ermöglicht den Zugang zu Informationen, Kommunikation, Online-Diensten, Unterhaltung und vielem mehr.
  • Mobilfunknetze: Mobilfunknetze wie 4G und 5G ermöglichen die drahtlose Kommunikation über Mobiltelefone, Smartphones und andere mobile Geräte.
  • Drahtlose Netzwerke (WLAN): WLAN-Technologie ermöglicht drahtlose Verbindungen zwischen Geräten und dem Internet, was die Flexibilität und Mobilität erhöht.
  • Cloud Computing: Cloud-Computing-Technologien ermöglichen den Zugriff auf Computing-Ressourcen und Dienste über das Internet, ohne dass diese lokal auf dem Gerät vorhanden sein müssen.
  • Big Data und Data Analytics: Diese Technologien ermöglichen die Sammlung, Speicherung und Analyse großer Datenmengen, um wertvolle Erkenntnisse und Trends zu gewinnen.
  • Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen: Diese Technologien ermöglichen es Computern, komplexe Aufgaben auszuführen, Muster zu erkennen und Entscheidungen zu treffen, ohne explizit programmiert zu werden.
  • IoT (Internet der Dinge): IoT umfasst vernetzte Geräte und Sensoren, die miteinander und mit dem Internet kommunizieren können, um Daten zu sammeln, zu übertragen und zu verarbeiten.

Alltagsbeispiele von IKT-Nutzung

Alltagsbeispiele der IKT-Nutzung

Wieso ist IKT relevant für die Umwelt?

Umweltwirkungen entstehen nicht »im Produkt«, sondern während der Herstellung von Komponenten durch:

  • Einsatz von hoher Energie mit schädlichen Emissionen
  • Einsatz umweltschädlicher Chemikalien
  • Einsatz knapper und umweltseitig kritischer Rohstoffe

Besonders schädlich in der Herstellung sind Halbleiterbauelemente. Dazu gehören in Reinräumen hergestellte »ICs« oder »Chips«. Diese Komponenten können bei einem Smartphone über 50 % des Herstellungsaufwands machen

Wie umweltschädlich ist die Chip-Fertigung aktuell?

Je kleiner die Strukturgröße, desto höher der Strombedarf bei der Fertigung pro Wafer:

  • 28-nm-Chip: ca. 400 kWh
  • < 10-nm-Chip: bis zu 1200 kWh

Emissionen der Halbleiter-Industrie weltweit:

176 Mio t CO₂-Äquivalent im Jahr 2022 (das entspricht ca. den Gesamtemissionen der Niederlande)

Täglicher Wasserverbrauch einer Halbleiterfabrik:

  • Bis zu 99 Mio. Liter (Bedarf von ca. 220.000 dt. Vier-Personen-Haushalten), davon 75% für Fertigungsprozesse
  • Bis zu 50 Mio. Liter hochreines Wasser (UPW=ultrapure water). Pro Liter UPW werden 1,5 Liter Leitungswasser benötigt.
  • 20 Mio. Liter für Kühlung und Luftfilterung

Quellen:

DNP: Nanoimprint lithography accelerating carbon neutrality in semiconductor production;

IEEE Spectrum (Jan. 2022): Scarcity Drives Fabs to Wastewater Recycling Boosting water recycling at fabs by up to 98 percent keeps chip production on target;

Semiconductor Digest: Water Supply Challenges for the Semiconductor Industry;

Industry Today (Jan. 2022): Water’s Critical Role In Semiconductor Manufacturing;

TSMC TCFD report 2023 via Statista: Annual water consumption of Taiwan Semiconductor Manufacturing Company (TSMC)

Welche Rohstoffe befinden sich in IKT?

In Informations- und Kommunikationstechnologien werden verschiedene Rohstoffe verwendet. Manche davon sind:

 

Darstellung der Rohstoffe

 

Das Problem: Diese Rohstoffe werden häufig unter gefährlichen Bedingungen in Ländern ohne geeignete Sozial- und Umweltschutz-Standards abgebaut und sind zum Teil schwer verfügbar.

Wie kann man IKT grüner gestalten?

Green ICT umfasst eine Vielzahl von Ansätzen, die verschiedene Aspekte des Lebenszyklus der IKT behandeln:

  • Reduktion des Energieverbrauchs in der Nutzung
  • Reduktion des Energie- und Materialverbrauchs in der Herstellung
  • Reduktion von Schadstoffen in den Produkten und bei Herstellungsprozessen
  • Recycling zur Rohstoffrückgewinnung
  • nachhaltiges Design der Produkte und Herstellung möglichst langlebiger Hardware
  • ressourcensparende Programmierung von Software (Green Software Engineering)
  • Einsatz von IT zur Reduktion des Energieverbrauchs einer anderen Quelle (z. B. Verkehr, Heizsysteme)

Kreislauf-Rohstoffe

Was kann ich selbst tun?

  • Zum Beispiel gebrauchte Elektronik kaufen! Refurbished Produkte zu erwerben, spart Ressourcen und ist dazu noch kostengünstiger.
  • Das Smartphone länger behalten. Eine Handynutzungsdauer von 5 Jahren einschließlich eines Akkuwechsels senkt die jährlichen Emissionen eines Mobiltelefons bereits um ganze 31 %!

Vorteile gebrauchter Elektronik (*virtuelles Wasser bezeichnet die Menge Wasser, die für die Herstellung eines Produkts anfällt)

Was tut das Kompetenzzentrum Green ICT @ FMD?​

Ziel ist es, mit den in der FMD geschaffenen Strukturen für anwendungsorientierte Mikroelektronik-Forschung eine Erweiterung zu unterstützen, in Bezug auf Ressourcenschonung​ und Reduktion des CO₂– Fußabdrucks in der Weiterentwicklung von IKT-Anwendungen und IKT-Infrastruktur.

Drei technologische Kernprojekte, die Green ICT-Hubs, forschen und arbeiten daran, IKT grüner zu machen:

  • Hub 1: Sensor-Edge-Cloud Systeme
  • Hub 2: Energiesparende Kommunikationsinfrastrukturen
  • Hub 3: Ressourcenoptimierte Elektronik-Produktion

Artikel mit Bezug zu Green ICT @ FMD

An Green ICT @ FMD beteiligte FMD.institute & Partner